OB Wahl in Freiburg: 10 Gründe, warum Salomon im ersten Wahlgang nicht gewinnen kann

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Salomon liegt am Boden. Zumindestens sein Wahlplakat im Stadtteil Weingarten. Irgendjemand hat es – wie andere Wahlplakate auch – im Überschwang abgerissen und auf eine Wiese geworfen. Anzunehmen ist, dass jemand mit der Politik des bisherigen Oberbürgermeisters nicht zufrieden ist.

Am 22.4. ist OB Wahl in Freiburg

Am Sonntag, den 22.4.2018 wird in Freiburg ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Der bisherige Oberbürgermeister, Dieter Salomon von den Grünen, tritt – nach 16 Jahren Dienst in Freiburg – erneut zur Wahl an und will damit die Amtsjahre 17 bis 24 vollmachen. Er hat gleich fünf Gegenkandidaten. Wer am 22.4. bei der Oberbürgermeisterwahl gewinnen möchte, muss die absolute Mehrheit der Stimmen für sich gewinnen, also mehr als 50%. Hat keiner der Kandidaten am 22.4. mehr als 50%, gibt es eine Stichwahl / erneute Wahl am 6.Mai. So der Plan.

Wie groß sind die Chancen für Salomon, im ersten Wahlgang zu gewinnen?

OB Salomon ist einer von sechs Kandidaten und hat den Amtsinhaber-Bonus. Amtierende Kandidaten haben es traditionell leichter als neue. Soweit die Erfahrung. Warum wir glauben, dass OB Dieter Salomon im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit bekommt, lesen Sie hier:

10 Gründe, warum OB Salomon im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit gewinnt

  1. Große Wohnungsnot in Freiburg: In Freiburg haben nicht nur einkommensschwache Mieter ein Problem, eine Wohnung zu bekommen, sondern auch die Mittelschicht. Es gibt schlichtweg zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Es gibt zuwenig neu gebaute Wohnungen. Und von denen, die gebaut werden, ist ein zu großer Teil am oberen Ende möglicher Preisvorstellungen: Luxuswohnungen. OB Salomon gelobt zwar, dass er in den nächsten Jahren mit der Stadtbau 2000 Wohnungen bauen wird, aber meist geht unter, dass er sich da auf einen Zeitraum von 6 Jahren (bis 2024) bezieht, d.h. im Mittel nur etwas mehr als 300 Wohnungen pro Jahr. Das ist viel zu wenig. Ein Teil der Bevölkerung dürfte jemandem, der es in 16 Jahren nicht hinbekommen hat, nur schwerlich abnehmen, dass er es in den nächsten 8 Jahren hinbekommt. Dieser Teil wählt schon fast aus Protest jemand anderen. Egal wen.
  2. Es sind zu viele Gegenkandidaten, die auch sehr engagiert sind, u.a. die Herren Horn und Wermter und Frau Stein. Dazu gibt es noch zwei weitere Mitstreiter. Horn, Stein und Wermter gelten als Kandidaten, die alle für sich die 20%-Schwelle überschreiten könnten. Schnell sind da 50,1% für die Gegenkandidaten zusammen und schon kommt es zur Stichwahl.
  3. Die Badische Zeitung hat zu offensichtlich den bestehenden OB Salomon gestützt. In der Berichterstattung kamen die anderen Kandidaten meist schlecht, wenn nicht gar lächerlich weg, der amtierende OB Salomon wurde gelobt, seine Erfolge herausgestrichen. Während der Gegenkandidat Wermter als „ferrarifahrend“ in der BZ bezeichnet wurde, verzichtete die Zeitung darauf, den amtierenden OB als „S-Klasse-mit-Chauffeur-nutzend“ oder „Mercedes-mit-Chauffeur-Fahrer“ zu bezeichnen. In der Bevölkerung wurde an zahlreichen Stellen Kritik an dieser einseitigen Haltung und Berichterstattung laut. Letztendlich wird ein Teil der Wähler aus Trotz den bestehenden OB dann nicht wählen, weil sie sich von der BZ nicht „hinters Licht“ führen lassen wollen.
  4. OB Salomon hat vieles schön geredet, was aber im Internet-Zeitalter sofort einem kundigen Kritiker auffällt, der dann den Finger in die Wunde legt. Der erzielte Effekt ist dann oft das Gegenteil des Gewünschten. Die als große Wohltat angeführte Schuldenreduzierung der Stadt verliert natürlich an Leuchtkraft, wenn man ergänzt, dass Schulden in Schattenhaushalten wie den Beteiligungen (z.B. Stadtbau) „outgesourct“ worden sind. Saldiert man die Schulden, sind sie größer geworden.
  5. OB Salomon wollte Mietwohnungen an Heuschrecken verkaufen: In der Vergangenheit wollte OB Salomon – um Geld zu gewinnen – städtische Wohnungen an sogenannten Heuschrecken verkaufen, was in letzter Sekunde verhindert werden konnte. Manch Freiburger hat ein Elefantengedächnis und vergisst das aber nicht.
  6. Kriminalität in Freiburg: Auch wenn Freiburg – entgegen früherer Aussagen aus Polizeikreisen – nunmehr die Schlusslaterne der Hochburg der Kriminalität an Offenburg abgegeben hat, so ist Freiburg immer noch im statistisch ganz schlechten Bereich hinsichtlich Straftaten. OB Salomon kann natürlich nichts dafür, dass die Grenze zu Frankreich sehr nahe ist und im Dreiländereck grundsätzlich die Kriminalität höher ist. Auch hat er seit Jahren nachweislich im Innenministerium Baden-Württembergs um mehr Polizisten für Freiburg gebeten. Aber: Er hat sich nicht durchsetzen können. Auch die im letzten Jahr im Rahmen einer „Sicherheitspartnerschaft“ erhöhte Anwesenheit von Polizisten und Ordnungskräften entspricht nicht dem Maß der geforderten zusätzlichen Einheiten. Praktisch jede Woche werden Drogendealer im Stühlinger festgenommen oder körperliche Auseinandersetzungen dort aufgenommen. Im Freiburger Gefängnis werden Zellen mit größeren als der vorgesehenen Personenzahl belegt, um der Lage Herr zu werden.
  7. OB Salomon ist zu siegessicher: In einem Video-Interview gab er kürzlich bekannt, dass die schönste Party am 22.4. in der Harmonie stattfindet. Dort feiere er dann seinen Sieg. Der Freiburger ist gerne ein freier Bürger. Er möchte selber entscheiden. Frei. Von Wahlen, deren Ergebnis vorher schon feststeht, hält er nichts. Kandidaten, die zu siegessicher sind, geraten in die Gefahr als zu arrogant zu gelten. Im gleichen Interview bezeichnet er den Kanonenplatz als den schönsten Platz in Freiburg. Aber nur, wenn da keine Leute sind. Dies könnte der eine oder andere so verstanden haben, dass er keine Freiburger mag. Oder keine Touristen. Oder keine Obdachlosen, die da manchmal übernachten. Alles drei wäre schlecht für einen Oberbürgermeister.
  8. OB Salomon ist gut vernetzt: Der Vorteil, dass jemand gut vernetzt ist und alle wesentlichen Leute kennt, schlägt gerne auch nach hinten um. In Zeiten, in denen ein Bundespräsident zurücktreten muss, weil jemand ihm ein Bobbycar geschenkt hat, erregt ein Bürgermeister, der mit einem Bauträger oder Baukoordinator im Colombi-Cafe gesehen worden sein soll, öffentlichen Argwohn. Auch wenn es natürlich ganz normal ist, dass sich ein Bürgermeister als Strippenzieher betätigen muss.
  9. NEUE BESEN KEHREN GUT: Ein Teil der Bevölkerung wird OB Salomon dankbar für 16 Amtsjahre sein und viel Gutes in seinen Taten entdecken. Freiburg ist liebenswert und eine tolle Stadt. Dennoch ist es so, dass ein neuer Kandidat in den Augen vieler alles auf den Prüfstand stellen wird und neue Ideen und Akzente setzt. Dies wird bei einigen dazu führen, dass sie einen anderen Kandidaten als Salomon wählen.
  10. Niedrige Wahlbeteiligung: Bei Oberbürgermeisterwahlen in Freiburg ist die Wahlbeteiligung traditionell niedrig. Bei der letzten OB-Wahl in 2010 lag sie bei 45,2%. Erfahrungsgemäß gehen Protestwähler eher zur Wahl und mobilisieren viele Leute, Stammwähler und Wähler des Bestehenden sind da eher gemütlich veranlagt. Diese Nichtwähler könnten OB Salomon die absolute Mehrheit beim ersten Wahlgang kosten. Bei der letzten Wahl in 2010 war es übrigens auch knapp für Salomon: Er hatte 50,5% der Stimmen.

Update vom 22.4.2018: Wir haben mit unserer o.a. Einschätzung richtig gelegen. Am 22.4.2018 haben die Freiburger mit fast 70% der Stimmen dafür gestimmt, dass Dieter Salomon nicht nochmal 8 Jahre Bürgermeister von Freiburg wird, siehe Wahlergebnis 22.4.2018 OB-Wahl Freiburg

 

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