Freiburg: Wolfgang und Helene Beltracchi sorgen für „ausverkauftes Haus“ im Rotteckgymnasium

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Um 19.30 Uhr sollte das Künstlerpaar Wolfgang und Helene Beltracchi am gestrigen Abend in das Rotteckgymnasium kommen, um im Rahmen der dort installierten „nachgefragt“-Serie einen Abend zwei Schülern Rede und Antwort zu stehen. Bereits eine Stunde vor Beginn gab es im Gymnasium keinen freien Sitzplatz mehr. Im Rahmen der nachgefragt-Reihe waren schon zahlreiche bekannte Prominente in Freiburg, aber so voll war es selten. Das Publikum stand zwischen den Stuhlreihen, auf Treppen und den Etagen über der Bühne, saß auch mal auf dem Steinfußboden, weil alle Stühle, die man im Rahmen des Möglichen großzügig aufgestellt hatte, schon lange vor Veranstaltungsbeginn belegt waren. Entweder durch Personen, durch Platzkarten oder durch Schals und Strickpullover, die ein Freihalten für Dritte signalisieren sollten. Jeder freie Stuhl wurde schnell belegt, selbst Freunde Beltracchis aus Freiburg hatten ihre Mühe – trotz Reservierung – einen Sitzplatz zu finden.

Das Publikum war bunt gemischt: Vom Sakko-mit-weißem-Einstecktuch-Träger über Schüler, Lehrer, Uniprofessoren und -Doktoren bis hin zum vermeintlichen Eher-ganz-links-Wähler mit ungewaschenen Haaren und zerrissener Hose war alles vertreten. Im Publikum konnten einige bekannte Eichhalde-Bewohner ebenso entdeckt werden wie Kriminalbeamte und Banker. Der typische Freiburger Lokal-VIP, der sich ansonsten gerne auf Ausstellungseröffnungen und Galerieveranstaltungen um Sekt und Häppchen reißt, war eher weniger vertreten. Ob dies an der Vergangenheit der beiden Beltracchis, die immerhin rechtsgültig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden sind oder aber dem Nichtwissen um die Veranstaltung gelegen haben mag, ist schwer einzuschätzen. Mehr Personen hätten ohnehin nicht in die Räumlichkeiten gepasst.

Gekonnte Moderation durch Schüler

Der Schüler Jasper Karlisch und die Schülerin Linué Birnbaum führten geschickt und abwechslungsreich durch den Abend und entlockten dem Pärchen so manches Detail welches auch bekannte Moderatoren wie Markus Lanz und andere bisher nicht entlocken konnten und sich auch noch nicht in einem der Bücher des Pärchens wiederfinden lässt. Die beiden Schüler waren – bis auf ganz wenige Details – ausgezeichnet vorbereitet und scheuten auch nicht, den Finger in die Wunde zu legen. Gerne auch mehrmals.

Schlagfertigkeitstalent Beltracchi

Wolfang Beltracchi hingegen bewies seine Rolle als ebenso witziges wie scharfsinniges Schlagfertigkeitstalent, – ohne jedoch seine Straftaten zu verleugnen. Ob Thomas Gottschalk oder Harald Schmidt noch schlagfertiger als Wolfgang Beltracchi sind, steht spätestens seit diesem Abend infrage. In Sachen Kunst-Sachverstand macht Beltracchi ohnehin niemand etwas vor. Mit Nachsicht korrigierte er die ein oder andere Ungenauigkeit des Schülerpaars, die es in seinen Augen gab.

Den Freiburgern hat es gefallen

Den Freiburgern schien der Beltracchi-Abend trotz der Vergangenheit des Künstlerpaars gefallen zu haben: Kaum jemand ist vor Veranstaltungsende gegangen, es gab an mehreren Stellen Applaus für Aussagen Beltracchis. Auch von Leuten, die in der Woche tagsüber vermeintlich überwiegend gebügelte Hosen mit Kniff tragen.

Was konnte der Freiburger von den beiden Beltracchis erfahren?

Aus dem Vielen, was die Beltracchis am Abend preisgaben, könnte man fast ein neues Buch schreiben, – wir fassen kurz zusammen:

Familie Beltracchi und die Verhaftung

Wolfgang Beltracchi schilderte noch einmal die Szenen der Verhaftung: Sie seien extra aus Frankreich nach Freiburg angereist, um sich den Behörden zu stellen und Fragen zu beantworten, – dies habe man auch den Behörden gegenüber so kommuniziert. Als man im Jahr 2010 dann von Frankreich nach Freiburg gekommen sei, kehrte man erst in das Haus in der Eichhalde ein und konsultierte Anwälte, um das Vorgehen am nächsten Tag bei den Behörden zu besprechen. Am Abend wollte man dann den Kindern, die gar nichts von dem strafrechtlich angreifbaren Tätigkeiten der Eltern wussten, vom nächsten Tag und der Tätigkeit in den vergangenen Jahren erzählen, um sie darüber aufzuklären, was passiert sei und was kommen könnte. Dazu fuhr man schließlich auch mit dem Auto in die Stadt, bzw. versuchte es. Bereits beim Losfahren bemerkten die Beltracchis einen vermeintlichen Zivilpolizisten in der Nähe des Hauses, der in der ansonsten wenig von Spaziergängern bevölkerten Eichhalde auffiel. Schon nach wenigen Metern nach einer Kurve wurden sie dann von Polizisten mit Pistole im Anschlag aus ihrem Wagen geholt und verhaftet. Die Kinder ließ man im Regen stehen. Die Beltracchis wunderten sich darüber, warum man nicht einfach am Haus geklingelt habe. Wie man später erfahren habe, wurden sie observiert und die Telefone wurden überwacht, – daher wusste die Polizei, dass man zuhause sei, wunderten sich die Beltracchis.

In diesem Haus in der Eichhalde haben Wolfgang und Helene Beltracchi während ihrer Freiburg-Aufenthalte gewohnt. Der Eingang wurde zwischenzeitlich umgebaut, die Beltracchis wohnen nunmehr in der Schweiz

Beltracchi und der Hunger

Auf der Fahrt zur Polizei machte Wolfgang Beltracchi die Polizisten darauf aufmerksam, dass er Hunger habe. Schließlich sei man auf dem Weg in ein Restaurant abgefangen worden. Die Polizisten fuhren mit ihm zu einem amerikanischen Fastfood-Restaurant und könnten ihm einen Burger. Beltracchi vermutete dahinter allerdings die Erwartung, durch diese Freundlichkeit ihn auch dazu gewinnen können, ein wenig von den Taten zu erzählen. Diesen Gefallen tat er den Beamten jedoch nicht, – auch wenn sie ihm im Polizeiwagen dann wieder die Handschellen abnahmen.

Beltracchi und die Millionen

Die Beltracchis sollen einen zweistelligen Millionenbetrag mit dem Verkauf von Bildern erzielt haben, von denen sie den Eindruck vermittelten, es handele sich um Bilder früherer größerer Künstler. Beltracchi ließ es nicht aus, auch in Freiburg wieder zu betonen, dass er niemals ein Bild nachgemalt habe, sondern stets nur mit der Handschrift bekannter Künstler ein neues Bild gemalt habe, was auch der Künstler hätte malen können. Sein Fehler sei es gewesen, die Bilder mit der Unterschrift großer Künstler zu versehen. Dafür habe er Millionen bekommen. Ob es 35 Millionen waren, wie ihm vorgeworfen wurde oder 100 könne er nicht mehr genau sagen. So wie das Geld reinging, ginge es ja auch wieder raus.

Beltracchi und die Schuldenrückführung in der Insolvenz

Wolfang und Helene Beltracchi, die mit dem inzwischen verstorbenen Kölner Staranwalt Birkenstock ein Insolvenkonzept ausarbeiteten, welches zunächst vorsah, dass 2 Jahre lang 50% aller Beltracchi-Einnahmen an die Gläubiger ging, betonte, dass er alleine im ersten Haftjahr, welches er im Freigang erlebte, bereits 1 Million Euro verdient hat – wovon auch die Gläubiger etwas hatten. Seinem Anwalt ist es gelungen, allen Insolvenzgläubigern das Insolvenzkonzept einer Schuldenrückführung schmackhaft zu machen. Der Deal war: Beltracchi legt sich ins Zeug und versucht, durch das Schreiben von Büchern, Anfertigen von Bildern und TV-Produktionen Gelder in bedeutender Höhe zu erlangen, – im Gegenzug belässt man ihm einen Teil der Einnahmen. Das Konzept ging auf. Später musste nur noch der Umsatz geteilt werden, der direkt aus dem Kunstskandal resultierte, wie z.B. Buch- und Filmrechte.

Beltracchi und sein Hang zur Genauigkeit

Wolgang Beltracchi liebt die Genauigkeit und erträgt nichts Falsches. Zumindestens nicht, wenn es über ihn oder in seiner Gegenwart gesagt wird. Er korrigiert an diesem Abend sofort, wenn auch nur eine Zahl falsch genannt wird. Sogar aus dem Off, als er am Anfang noch gar nicht auf der Bühne stand. Diese Genauigkeit muss es gewesen sein, die es Experten jahrelang schwer machte, seine Bilder als zu einer späteren Zeit entstanden, einzustufen. Er kaufte für seine Werke auch Leinwand und Rahmen aus der Zeit des jeweiligen Künstlers, dachte an alles, was Sachverständige üblicherweise prüfen. Da er sofort die Handschrift eines Künstlers aufnehmen kann, gelang es ihm auch, exakt in der Handschrift des Künstlers neue Bilder zu malen, die auch von Experten als echt eingestuft wurden.

Beltracchi und die Liebe

Die Liebe sei das Wichtigste im Leben – neben dem eigenen Leben, betonten beide. An dem Abend hat man es auch gemerkt: Wolfgang und Helene Beltracchi hielten Händchen und gingen liebevoll miteinander um, auch wenn es nicht öffentlichkeitswirksam zu sehen war. Das junge Schülerpaar, welches interviewt hatte, war allerdings erstaunt, als Wolfgang Beltracchi ihnen mitteilte, dass deren Liebe nicht für die Ewigkeit sei, sondern eine Jugendsünde. Seine Frau Helene beschwichtigte, man solle den jungen Leuten die Illusion lassen, dass die erste Liebe die ewige sei. Auch mit dieser Situation gingen die Interviewenden aber professionell um, indem sie sie einfach übergingen.

Beltracchi und der Wert seiner heutigen Gemälde

Die Beltracchis bezifferten den Wert heute von ihm angefertigter Bilder auf fünf- bis sechsstellig. Die Zeiten, in denen seine Bilder für 20.000 Euro weggingen, seien vorbei. Mittlerweile werden schon 70.000 und auch sechsstellige Beträge dafür gezahlt. Pro Bild. Allerdings malt er pro Jahr vielleicht noch so 20 Bilder, mal ein paar mehr, mal ein paar weniger.

Betrogene Betrüger – die Beltracchis

Gefragt nach Rückschlägen nach der Entlassung aus dem offenen Vollzug nannten Sie einen Fall, wo jemand Grafiken von Beltracchi vermarkten wollte, was er auch tat, aber anschliessend die vereinbarte Vergütung für Familie Beltracchi schuldig blieb. „Ein Deutscher“ betonte Wolfgang Beltracchi

Beltracchi und das Strafmaß

Die Eheleute Beltracchi räumten eine Schuld und die Richtigkeit einer Verurteilung für eine Straftat ein, äußerten allerdings Verwunderung über das Strafmaß. Wolfang Beltracchi wurde zu 6 Jahren Haft (ohne Bewährung verurteilt), auf die seine 14 Monate Untersuchungshaft angerechnet wurden. Im Gefängnis habe er aber Straftäter wie Totschläger und „Kinderficker“ gesehen, die mit ihm oder nach ihm eingerückt sind, aber vor ihm wieder entlassen wurden. Dies werfe Fragen auf. Auch führte er aktuelle Fälle bei der UBS in der Schweiz an, wo es um Steuerhinterziehung und Geldwäsche im Milliardenbereich gehe. Dafür fordere die Anklage Bewährungsstrafen von 6 Monaten bis 24 Monaten. Mit seinen 6 Jahren fühle er sich da hart bestraft.

Beltracchi und der Deal mit der Staatsanwaltschaft

Beltracchi, dem ja Fälschung über Jahrzehnte vorgeworfen wurde, handelte mit der Staatsanwaltschaft einen Deal aus, wobei man ihn beim Urteil auch noch ein Jahr mehr aufgebrummt habe, als eigentlich angestrebt. Der Deal habe enthalten, dass er ein umfassendes Geständnis ablege, aber im Gegenzug nach dem Urteil zunächst als freier Mann das Gericht verlassen könne, um dann später seine Strafe im offenen Vollzug anzutreten, sodass er aus der Haft heraus arbeiten könne. So kam es dann auch: Nach dem Urteil wurde er zunächst in die Freiheit entlassen, um dann später im offenen Vollzug die Haft zu verbüßen.

Beltracchi und der junge Richter

Nach der Hälfte der Haftzeit habe er einen Antrag gestellt, vorzeitig aus der Haft entlassen zu werden, was im Gesetz bei guter Führung und dem deutlich erkennbaren Bemühen einer signifikanten Gläubigerentschädigung vorgesehen sei. Ein 32-jähriger Richter habe ihm jedoch kurz und knapp bedeutet, dass er zunächst erst noch 2 Schlaganfälle bekommen müsse, bevor er so früh vorzeitig auf Bewährung entlassen werde.

Wie Wolfgang Beltracchi das Kiffen aufhörte

Als junger Mann und Hippie habe er ein wildes Leben geführt, zwar teilweise mit Fahrer und Haushaltsdame, aber auch mit Alkohol, Drogen und Frauen. Bereits damals habe er eines seiner ersten Bilder für 10.000 Mark in München verkauft, was damals ein stolzer Preis für ein Gemälde war. Ganz untalentiert könne er daher nicht sein. Bei einer Party damals habe eine junge Frau ihm – vermutlich im Drogen- oder Alkoholrausch – eines seiner Lieblingsgläser, an der Wand zerdeppert. Mit Rotwein darin. Daraufhin habe er ihr auch das zweite Glas dieses Hochzeitsglassets gegeben, was ebenfalls seinen Weg in der Zerstörung fand. Daraufhin habe er das Licht angemacht, die Musik ausgestellt und alle zum Verlassen der Party aufgefordert. Da habe er erkannt, dass dies nicht das ist, wo er hin wollte und aufgehört, Drogen zu nehmen und zu rauchen. Weder Zigaretten noch Joints.

Wolfgang Beltracchi und sein Sinn für schöne Bootstouren

Als er als junger Mann einmal eine Bootstour mit Freunden im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens unternahm, – der Skipper aber nicht dahin fahren wollte, wo die Gäste hin wollten, haben sie ihm erst das Bootsporzellan ins Meer geworfen und anschliessend den Skipper selber ins Wasser befördert. Anschliessend habe der Skipper verstanden, dass eine Routenänderung angezeigt war.

Die Beltracchis und die Familie

Natürlich haben die Kinder unter der Verhaftung gelitten, man habe sich zunächst nur kurz am nächsten Morgen beim Haftprüfungstermin gesehen, dann erstmal lange nicht mehr. Die Familien verspüre aber einen großen Zusammenhalt und ein hohes Maß an Liebe. Seine Tochter studiere Kunst in London. In Deutschland habe man sie wohl wegen ihres Namens nicht studieren lassen. Sein Sohn möchte Lehrer werden, Vater Beltracchi hat jetzt – wo der Sohn über 30 ist – begründete Hoffnung, dass dies auch klappt. Studiert habe er  in Freiburg.

87 Tage im Jahr in Freiburg

Freiburg war nie der Hauptwohnsitz der Beltracchis, dies habe auch die Polizei penibel ermittelt. Schließlich ging es auch um Fragen der Versteuerung. Steuern zahlen müsse man nur da, wo man mehr als 180 Tage im Jahr sei. Und die Polizei habe Tag für Tag für 5 Jahre ermittelt, wo er sich aufgehalten habe. Das „Höchstmaß der Gefühle“ waren da 87 Tage pro Jahr. Aber man sei immer gerne dagewesen, habe auch heute noch Freunde in Freiburg, einige sitzen auch im Saal. Gerne sei man früher auch im Colombi zum Essen gewesen, aber zum Schluss hatte er Angst, „dass einer im Restaurant mit dem Kopf ins Essen fällt“, weil dort nur noch alte Leute gewesen seien. Da habe er dann doch das Tizio bevorzugt. Freunde von ihm bezeichnen Freiburg oft als „Kuscheloase“, weil dort viele Probleme, die andere, größere Städte haben, nicht auftauchen. Seine Frau Helene ergänzt allerdings, dass auch unschöne Dinge vor Freiburg nicht Halt machen.

Wolfgang Beltracchi in Facebook

Er habe erstaunt festgestellt, dass er gleich mehrfach in Facebook existiert, aber er sei dort überhaupt nicht angemeldet. Helene Beltracchi weist darauf hin, dass sie dort einen Account habe.

Alles nicht echt? Wird auch Beltracchi gefälscht? Der gefälschte Fälscher?

 

Einser-Zeugnis durch Beltracchi

Der Moderator lädt ihn zum Test ein, ob er auch Unterschriften fälschen könne, – da hätte er ja Übung. Auch wenn es Beltracchi offensichtlich missfällt, zum einfachen Unterschriften-Fälscher degradiert zu werden und er seine Lesebrille nicht dabei hatte, versucht er sich – nachdem aus dem Publikum eine Brille geliehen wurde – auch darin und hat es nach drei Versuchen auch raus. Der Schüler bittet ihn die gefälschte Unterschrift unter ein fiktives Zeugnis, nämlich sein eigenes, zu setzen, damit er auch ein Einser-Zeugnis habe. Beltracchi tut ihm auch diesen Gefallen, der Schuldirektor lobt anerkennend die Genauigkeit der Fälschung. Man verständigt sich allerdings darauf, das Exemplar nicht strafrelevant einzusetzen, sondern zu vernichten.

Hier fälscht Wolfgang Beltracchi die Unterschrift für ein Zeugnis des moderierenden Schülers

Beltracchi spendet ein Bild

Auf der Bühne entsteht hinterher ein Bild, an dem Wolfang und Helene Beltracchi mitwirken, die beiden Schüler auch. Gezwängt in einen weißen Overall, der er allerdings nur zur Hälfte anzieht, beteiligt er sich daran, moniert aber die falsche Technik der beiden jungen Mitmaler. Dies würde nicht der Pollock-Arbeitsweise entsprechen, was anfangs der Anspruch war. Nach Fertigstellung erklärt sich Beltracchi bereit, das Bild zu signieren, wenn es denn für einen guten Zweck verkauft werde. Bei der Frage nach dem Wert schätzt er ihn selbstsicher auf 20.000 Euro ein. Eine Vermarktung auf Ebay will er allerdings nicht sehen.

Spendierlaune der Beltracchis

Wolfgang Beltracchi führt auf, als er gefragt wird, ob er nicht, wenn er soviel Geld mit den Bildern gemacht habe, nicht auch den armen Menschen dieser Welt etwas spenden wolle, was er alles spendet. So habe er schon damals, als der Tsunami in Indonesien war, seinen Banker sofort angewiesen, 10.000 Euro zu spenden. Welcher Freiburger habe das an dem Tag auch getan, fragt er. Er sei immer großzügig und habe immer gespendet. Auch wenn er heute Honorare für Talkshows oder Auftritte bekomme, werden diese an einen Schweizer Verein für Straßenkinder gespendet. Dafür erhält er vom Publikum spontanen Applaus.

 

Der Abend im Rotteck-Gymnasium hat den beiden Beltracchis scheinbar Spaß gemacht, sie bedankten sich bei den beiden Schülern. Schlußendlich dient natürlich jeder Auftritt – auch dieser – der Bekanntheitssteigerung des Malers und damit ggf. auch der Wertsteigerung seiner Gemälde. Aber ganz ohne Talent würde ihm wohl keiner Bild abkaufen. Die Freiburger jedenfalls scheinen dem Paar den Ausritt in ungesetzliche Gefilde verziehen zu haben und verlassen erst nach mehreren Stunden das Gymnasium. Wolfgang Beltracchi merkte in der ihm eigenen Art in der letzten halben Stunde mehrfach an, dass er gerne austreten würde, wofür man ihm jedoch keine Gelegenheit gab. Nach Ende der Veranstaltung und Überreichung von Geschenken – incl. einer gefälschten Blume von Ikea an Helene Beltracchi konnte Wolfgang B. schnell den Ort seiner Wahl aufsuchen. Helene Beltracchi ließ sich mit keiner Miene anmerken, dass sie eine Kunst-Blume von Ikea nicht für passende Geschenk hält,- ihr Mann bedankte sich artig für die anderen Geschenke und gab den jungen Leuten noch einen Ratschlag fürs Leben mit.


Wer ist Wolfgang Beltracchi?

Für diejenigen, die Wolfgang Beltracchi nicht kennen, hier ein der Versuch eines Kurzabrisses:

Wolfgang Beltracchi wurde 1951 in Höxter/NRW geboren – als Sohn eines Malers und einer Lehrerin. Bei der Geburt hieß er noch Wolfang Fischer, nahm später den Namen seiner Frau Helene an. Von seinem Vater, der als Kirchenmaler malen konnte und auch mit Restaurationsarbeiten vertraut war, erlernte er erste Maltechniken.

Mit 17 verließ er vorzeitig das Gymnasium in Geilenkirchen bei Aachen, besuchte eine Kuntschule. Beltracchi lebte zunächst im Hippie-Style und reiste durch Europa und Nordafrika, verkaufte als junger Mann schon Bilder für fünfstellige DM-Preise, bis er auf einem Hof in Viersen sesshaft wurde. Seine Frau Helene lernte er 1992 kennen. in 2005 kauften Sie, die hauptsächlich zwischenzeitlich in Frankreich wohnten, ein Haus in Freiburg-Herdern, in dessen Nähe sie am 27.August 2010 auch verhaftet wurden.

Wolfgang und Helene Betracchi wurden in einem aufwändigen Strafprozess, der durch einen Deal verkürzt wurde, zu Haftstrafen verurteilt, weil Wolfgang Beltracchi Bilder in der Handschrift alter Meister malte, die er dann mit deren Unterschrift versah und gemeinsam mit seiner Frau eine Legende erfand, um diese als echte alte Meisterwerke zu vermarkten. Die Bilder waren mit alten, zeitgenössischen Materialien und in der richtigen Technik angefertigt worden, sodass zahlreiche Sachverständige die Bilder als „echt vom alten Meister“ ansahen und zertifizierten.  Im Prozess ging es nur um eine zweistellige kleine Anzahl an Bildern, – Experten vermuten jedoch, dass tatsächlich weltweit 200 bis 300 Bilder in Museen und vermögenden Haushalten hängen, die gar nicht von historischen Meistern, sondern von Beltracchi stammen.

Wolfgang Beltracchi wurde zu 6 Jahren Haft verurteilt, wovon 14 Monate Untersuchungshaft angerechnet wurde. Den Rest seiner Haftstrafe durfte er im offenen Vollzug absitzen, was ihm die Möglichkeit gab, tagsüber außerhalb der Anstalt Geld zu verdienen, was er auch – u.a. zu Befriedigung der Insolvenzgläubiger – tat. Wolfgang Beltracchi wurde im Januar 2015 aus der Haft entlassen (auf Bewährung).

Helene Betracchi wurde zu 4 Jahren Haft verurteilt, wovon 14 Monate Untersuchungsahft angerechnet wurden und der Rest im offenen Vollzug abgesessen werden konnte.

Das Beltracchi-Paar wohnt heute in der Schweiz in Meggen, im Kanton Luzern, wo der Maler einen ehemaligen Jugendstil-Tanzsaal beim Gasthof Kreuz als Atelier nutzt.

Beltracchi vermarktet mittlerweile seine Bilder unter eigenem Namen, was er mit großem Erfolg tut. Seine mit seiner Unterschrift unterzeichneten Bilder erzielen Preisen im fünf- und sechsstelligen Eurobereich.

 

 

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