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Die Erzdiözese Freiburg scheint einen Schlussstrich unter die Abgabenaffäre gezogen zu haben. Nach einer Prüfung der Rentenversicherung fiel in 2017 auf, dass im Bereich der Erzdiözese über Jahre hinweg für bestimmte Beschäftigungsverhältnisse keine oder zu wenig Sozialversicherungsbeträge gezahlt worden waren, – obwohl die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge und die Pflicht zur Zahlung für jedermann offensichtlich erkennbar war und jeder Steuerberater dies sicher so eingeschätzt hätte.

Der damals zuständige Diözesanökonom Himmelsbach wurde nach Druck aus der Öffentlichkeit innerhalb des Hauses versetzt und kümmerte sich in der Folge um Elektroautos im Erzbistum und andere Dinge, bis er vor kurzem in den Ruhestand verabschiedet wurde.

10,8 Millionen müsse man nachzahlen

10,8 Millionen Euro müsse man nachzahlen, räumt Erzbischof Burger mittlerweile ein. Wer in der freien Wirtschaft als Selbstständiger seine Steuern durch Abgabe falscher Steuererklärungen so verkürzt, muss regelmäßig mit einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung rechnen, – dies hat der Bundesgerichtshof so entschieden.

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Auch der Ökonom der Erzdiözese musste sich trotzt Millionen-Verkürzungen nicht einem Strafverfahren stellen.

Für den Bereich der Erzdiözese Freiburg konnte die Staatsanwaltschaft aber nach einer anfänglichen Prüfung „keine Absicht“ feststellen. Eine Einschätzung, die man bei anderen Betrieben und hinterzogenen Steuern in Millionenhöhe eher selten findet.

Ins Gefängnis muss im Erzbistum niemand. Bestraft wurde vom Gericht auch niemand.

Bischof Burger tröstet sich damit, dass man viel mehr Gelder zurückgestellt habe und in Verhandlungen mit der Sozialversicherung erreicht habe, dass man „nur“ insgesamt 10,8 Millionen zahlen müsse – inkl. 4,8 Millionen Euro Säumniszuschläge. Man hatte anfangs eher mit rund 160 Mio. Euro Nachzahl-Volumen gerechnet.

Für 4,8 Millionen Euro hätte man in der „Dritten Welt“ sicher eine Menge Kinder mit Nahrung oder Schulbildung versorgen können. In Freiburg hätte man damit auch einer Menge von Menschen mit Problemen in der Corona-Krise helfen können. In der Erzdiözese hat man Steuerklärungen und Sozialversicherungsanmeldungen so gestaltet, dass diese nicht korrekt waren und nunmehr Strafzahlungen in Millionenhöhe anfallen.

Erst im Juli 2020 bezahlt

Erst im Juli 2020 habe man 7 Millionen Euro überwiesen. Bei früherer Überweisung wären die Verspätungszuschläge in Höhe von nunmehr 4,8 Millionen Euro wohl niedriger ausgefallen. Dazu konnte man sich aber in der Erzdiözese offensichtlich nicht durchringen.

Original-Meldung des Erzbistums im Wortlaut:

Freiburg. Drei Jahre, nachdem die Erzdiözese Freiburg bekanntgegeben hatte, dass in der Abrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen Unstimmigkeiten entdeckt wurden, konnte die diesbezügliche Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund und die DRV Baden-Württemberg jetzt abgeschlossen werden. Dazu bedurfte es einer umfangreichen, fachlich komplexen Prüfung, rückwirkend über einen längeren Zeitraum bei einer großen Zahl von Arbeitgebern im verfasst kirchlichen Bereich in der gesamten Erzdiözese Freiburg. Der seit dem Jahr 2017 im Raum stehende Vorwurf des Sozialversicherungsbetrugs konnte dabei ausgeräumt werden. Die vergleichsweise hohe Rückstellung, die die Erzdiözese zur Abdeckung potenziell drohender Risiken im Jahr 2017 in ihre Bilanz aufgenommen hatte (Nachzahlungen, Säumniszuschläge), kann nun zum größten Teil wieder aufgelöst werden.

Die Prüfungen drehten sich um die Frage, ob in der Erzdiözese alle vorgeschriebenen Sozialversicherungsabgaben und die gegebenenfalls damit einhergehende Lohnsteuer korrekt ermittelt und abgeführt worden waren. Feststellungen ergaben sich hier im Zusammenhang mit der praktischen Umsetzung von Gesetzesänderungen einzelner Tätigkeitsfelder sowie der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit. Für diese Sachverhalte konnten die Betriebsprüfungen mit einer Nachzahlung von rund 6 Millionen Euro zuzüglich 4,8 Millionen Euro an Säumniszuschlägen abgeschlossen werden.

Erzbischof Stephan Burger betonte zum Abschluss der Prüfungen, dass im Erzbistum Freiburg Fehler gemacht und zurecht beanstandet worden seien: „Wir haben viele Maßnahmen ergriffen, um diese Fehler zu beheben und werden auch dafür Sorge tragen, solche Fehler zukünftig zu vermeiden.“ Parallel zu den behördlichen Prüfungen hat die Erzdiözese Freiburg in Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zahlreiche Verwaltungsabläufe durchleuchtet und angepasst, um potenzielle Fehlerquellen mittels Prüfroutinen aufzudecken und die ordnungsgemäße Abrechnung auch sämtlicher im kirchlichen Bereich anfallenden Nebentätigkeiten für die Zukunft bestmöglich sicherzustellen.

In Koordination mit der Oberfinanzdirektion Karlsruhe haben zudem die jeweils zuständigen Finanzämter unabhängig von den Sozialversicherungsträgern fast alle Kirchengemeinden und den Bereich der Kurie einer eigenständigen Lohnsteueraußenprüfung unterzogen. Hierbei ist es bislang nicht zu besonderen Feststellungen gekommen.

Die Bistumsleitung bedauert, dass sich die Klärung der Vorwürfe aufgrund der Komplexität und Vielzahl an Prüfungsunterlagen und Belegen über einen so langen Zeitraum hingezogen hat. Diese Zeit wurde jedoch aktiv zur Reflexion und zur Verbesserung der Abläufe genutzt. Der Erzbischof dankt allen an diesen Prozessen Beteiligten und betonte: „Nachdem Corona unseren Haushalt sehr unter Druck setzt und die Nachzahlungen und Säumniszuschläge nun geringer ausfallen, ermöglicht uns dies, erwartete Ausfälle etwas kompensieren zu können, um an vielen Stellen unsere Arbeit in den Gemeinden und Einrichtungen weiterzuführen. Gerade in diesen Corona-Tagen wollen wir den Menschen zeigen, dass wir als Kirche für sie da sind und sie begleiten.“
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Erzbistums www.ebfr.de/sozialversicherung.

Von BSF

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