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Schwere Tage für Erzbischof Burger in der katholischen Kirche in Freiburg: Es treten scharenweise Gläubige aus der Kirche aus und kehren der Kirche den Rücken zu und nun hat auch noch der frühere Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch nach Jahren des Leugnens und Schweigens eingeräumt, in Sachen Missbrauch gravierende Fehler gemacht zu haben. Zollitsch, der das Erzbistum von 2003 bis 2014 leitete, räumte ein, Notwendiges unterlassen zu haben und Fehler gemacht zu haben. Er habe sich mehr um das Wohl der Kirche und weniger um die Betroffenen von sexualisierter Gewalt gesorgt. Er habe mehr den Tätern geglaubt und wollte den Tätern eine zweite Chance geben.

Bischof Zollitsch
Der frühere Freiburger Erzbischof Zollitsch hat eingeräumt, in Missbrauchsfällen bewusst Dinge unter den Tisch gekehrt zu haben und hat den Tätern mehr geglaubt, als den Opfern. Heute bereue er dies. Die Gläubigen quittieren das Verhalten der Kirche mit Tausenden Kirchen-Austritten

Bewusst verschwiegen

Er habe bewusst Vorgänge verschwiegen und unter den Teppich gekehrt. Heute betrachtet er dies als gravierenden Fehler, weil es auch die Gefahr der Wiederholung von Missbrauch mit sich brachte. Er bittet alle Opfer von Missbrauch um Verzeihung für das, was durch sein Verhalten an zusätzlichem Leid entstanden ist. Er betont allerdings, dass er eingebunden in ein System des Verschweigens gewesen war und Entscheidungen mit anderen besprochen habe. Er bekennt sich jedoch ausdrücklich zu seiner Schuld.

Zollitsch-Erklärung im Wortlaut:

Sehr geehrte Betroffene und Angehörige,
sehr geehrte Damen und Herrn des Betroffenenbeirats,
liebe Katholikinnen und Katholiken,
bitte erlauben Sie mir, dass ich mich in dieser Form an Sie wende.
Tag für Tag beschäftigt mich die Tatsache des sexuellen Missbrauchs in unserer Kirche und
mein damaliger persönlicher Umgang als Personalreferent und Erzbischof mit den
Betroffenen und bei der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt – vor allem inwieweit
ich Notwendiges unterlassen und Fehler begangen habe.
Lange, zu lange Zeit haben mich in meiner Haltung und in meinem Handeln viel zu sehr das
Wohl der katholischen Kirche und viel zu wenig die Anteilnahme am Leid der Betroffenen und
die Fürsorge für die Opfer geleitet.
Heute weiß ich, dass ich im Umgang mit meinen Mitbrüdern, die ihnen anvertraute Kinder,
Jugendliche und auch Erwachsene – auf welche Weise auch immer – missbraucht haben,
zu naiv und zu arglos war.
Ich habe den Aussagen und Versprechungen der Täter nur allzu gerne geglaubt und wollte
denen, die sich schuldig gemacht hatten, ihr Verhalten im Gespräch mit mir bereuten und mir
Umkehr versprachen, eine zweite Chance geben.
Ich habe das große Ausmaß und vor allem die Folgen für die Betroffenen der Verbrechen
sexualisierter Gewalt und des Missbrauchs nicht erfasst und der Wahrheit nicht in die Augen
geschaut.
Entsprechend der kirchlichen Tradition und einer überkommenen Praxis war auch mein
persönliches Bemühen, die Fälle sexualisierter Gewalt und Missbrauchs intern zu behandeln.
Dazu kam teilweise die nachvollziehbare Scheu von Betroffenen vor der Öffentlichkeit.
Umso weniger habe ich dazu animiert, diesen Schritt in die Öffentlichkeit zu gehen – auch
wenn ich gefragt habe, ob sie Anzeige erstatten möchten.
Ich habe mit meinem damaligen Verhalten und Handeln, Dokumentieren und Entscheiden
gravierende Fehler gemacht und die Gefahren – auch von erneutem Missbrauch – verkannt.
Das bereue ich von ganzem Herzen. Es tut mir aufrichtig leid.
Immer im Wissen, dass dies all die Entscheidungen nicht rückgängig machen kann und, dass
dies an den schrecklichen Erfahrungen der Betroffenen und ihren Familien, die ihr Leben lang
darunter leiden, nichts ändert.
Ich bitte Sie, die Sie sexualisierte Gewalt und jegliche Form von Missbrauch erfahren haben,
um Verzeihung für das zusätzliche Leid, dass Ihnen mein Verhalten bereitet hat.
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Ich weiß, dass ich nicht erwarten kann, dass Sie meine Entschuldigung annehmen.
Auch Sie, die Eltern, Partnerinnen, Partner und die Kinder der Betroffenen bitte ich
um Entschuldigung.
Sie, die Katholikinnen und Katholiken, bitte ich um Vergebung für den Schaden, den ich durch
mein Handeln unserer Kirche zugefügt habe.
Es schmerzt mich, dass ich so dazu beigetragen habe, dass Menschen sich ihrer Kirche
schämen, ihr Vertrauen in sie verlieren und allzu viele ihr den Rücken kehren.
Ich weiß, dass alles, was ich jetzt sage und tue, immer unzureichend bleiben wird.
Ja, ich habe schwerwiegende Fehler gemacht.
Als mir dies bewusst wurde, habe ich mich bemüht, die Konsequenzen zu ziehen.
Im Frühjahr 2010 war die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Freiburg –
erstmals war eine größere Zahl von Missbrauchsfällen in unserer Kirche bekannt geworden.
Es waren dramatische Tage. Mit aller Wucht habe ich erfahren und mit Erschrecken gemerkt,
wo ich als Person und wo wir als Kirche versagt haben.
Deshalb habe ich meine Kräfte als Vorsitzender eingesetzt, um gegenzusteuern und mit
vielen Bischöfen – aber auch gegen so manche Bischöfe – Veränderungen herbeizuführen.
Wir haben damals den ersten Maßnahmenplan entwickelt und das Amt des
Missbrauchsbeauftragten eingeführt, das bis heute Bestand hat.
Und selbst diese ersten Schritte sind uns damals nicht leichtgefallen.
Ich bin dann auch nach Rom gegangen, habe mit dem Papst gesprochen und – für viele
damals überraschend – in Rom auf einer Pressekonferenz zum ersten Mal öffentlich um
Vergebung für mein Verhalten und Handeln gebeten.
Aus heutiger Sicht sage ich: Es waren erste Schritte. Aber es war nicht genug. Aufklärung und
Aufarbeitung waren nicht ausreichend und es ging und geht bis heute zu schleppend voran.
Umso mehr verspreche ich, dass ich im Wissen um meine Verantwortung weiterhin bei der
Aufarbeitung – soweit mir dies möglich ist – mitwirken und mein Wissen einbringen werde.
Aus diesem Grund habe ich um Einblick in die Unterlagen der laufenden Untersuchung, um
eine direkte Auseinandersetzung, sowie ein persönliches Gespräch mit den Verantwortlichen
im Erzbistum Freiburg gebeten – leider allzu lange ohne Erfolg.
Um einer umfassenden Aufklärung willen bin ich verpflichtet, noch einmal darauf
hinzuweisen, dass ich – sowohl als Personalreferent als auch als Erzbischof – nie allein
gehandelt und entschieden habe.
Sowohl als Teil- wie auch Letztverantwortlicher der Leitung der Erzdiözese war ich
eingebunden in ein System, das im Umgang mit sexualisierter Gewalt, von einer
gewachsenen und einvernehmlich getragenen Kultur des Schweigens und der
Verschwiegenheit nach außen, des Korpsgeistes und des Selbstschutzes geprägt war, an der
– ich sage es hier noch einmal – auch ich meinen persönlichen Anteil hatte und für die ich
moralische Verantwortung trage.
3
Ich habe mich stets mit meinen zuständigen Mitbrüdern – Erzbischof, Generalvikaren,
Offizialen, Weihbischöfen, Domkapitularen – ausgetauscht und beraten und sie in die
Entscheidungen eingebunden.
Dennoch bin ich persönlich für mein Verhalten verantwortlich und bekenne mich
ausdrücklich zu meiner Schuld.
Mit meiner Erklärung ist der Wunsch nach einer umfassenden, systematischen und
systemischen Aufklärung und Aufarbeitung verbunden, zu der auch ich meinen Beitrag
leisten möchte.
Es ist eine drückende Last meiner Generation, dass nach dem Zweiten Weltkrieg das Leid
und die Wunden der Kriegskinder zu wenig im Blick waren und sie damit allein gelassen
wurden.
Umso mehr schmerzt mich und ich leide darunter, dass ich den Missbrauchsopfern und ihren
Verletzungen nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt habe und ihnen nicht mit mehr
Empathie begegnet bin.
Es ist mir von enormer Wichtigkeit, dass Sie, die Sie so viel Leid erdulden mussten,
das Gehör, die Anerkennung und die Unterstützung durch die Kirche finden, die Ihnen gerecht
wird und die sie benötigen.
Dass Sie mir zuhören, dafür danke ich Ihnen.
Freiburg, den 31.08.2022
Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch

Zollitsch stellt Video-Statement zur Verfügung

Der frühere Freiburger Zollitsch stellt auf seiner Webseite ein Entschuldigungs-Video zur Verfügung. Es wird den Missbrauch nicht rückgängig machen und das früher erlittene Leid nur schwer beseitigen können. Aber es könnte ein erster Schritt in die richtige Richtung sein, wenigstens im Nachhinein die Schuld einzusehen. Auch ein Bischof ist nur ein Mensch.

Von BSF

Ein Gedanke zu „Bischof Burger hat es schwer: Sein Vorgänger, Bischof Zollitsch räumt Lügerei in der katholischen Kirche ein“

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