Wer in Deutschland ins Gefängnis kommt, wird häufig gezwungen, dort auch zu arbeiten, z.B. in eigenen Montagebetrieben. Dafür erhielten Gefangene bis dato nur einen lächerlichen Lohn von 1,37€ bis ca. 3 Euro. Und das, obwohl die anstaltseigenen Betriebe solche Montagearbeiten oder hergestellten Produkte zu deutlich teureren Preisen an dritte Auftraggeber verkaufen. Dies empfanden Gefangene besonders deshalb als problematisch, weil es die Probleme außerhalb der Anstalt regelmäßig vergrößerte: Unterhalt konnte nicht gezahlt werden, Schulden konnten nicht reduziert werden.
Zwei Gefangene haben erfolgreich geklagt
Zwei Häftlinge aus Bayern und NRW haben erfolgreich geklagt, – das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr diese Hungerlöhne auch als nicht zeitgemäß eingestuft. Auch wenn bislang nur die Haftanstalten in Bayern und Nordrhein-Westfalen vom Verfassungsgerichtsurteil betroffen sind, dürften alle anderen Bundesländern nun auch nachziehen und Änderungen veranlassen. Das Verfassungsgericht hat bis Ende Juni 2025 Zeit gegeben, die Vergütung neu zu regeln.
Rückwirkend gibt es keinen Aufschlag für Häftlinge
Wer jetzt glaubt, als Häftling oder ehemaliger Häftling eine große Rechnung an das Land stellen zu können, hat sich allerdings getäuscht. Rückwirkend dürfte es nichts geben, denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 20.6.2023 ausdrücklich festgestellt:
„Die Vorschriften bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 30.Juni 2025, weiter anwendbar.“
BVG – Urteil vom 20.6.2023 – 2 BvR 166/16, 2 BvR 1683/17
Arbeit müsse sich auch lohnen
Wenn die Arbeit, zu der die Gefangenen verpflichtet werden können, der Resozialisierung dienen soll, müsse sie sich auch lohnen. Dies muss nicht ausschließlich in Geld aufgewogen werden: Möglich wäre z.B. auch eine Verkürzung der Haftzeit. Schon jetzt gibt es solche Möglichkeiten in den jeweiligen Ländergesetzen, aber in ganz geringem Umfang. Die Resozialisierungskonzepte in Bayern und NRW hat das Bundesverfassungsgericht als nicht schlüssig und widerspruchsfrei eingestuft. Diese Regeln seien nicht mit der Verfassung vereinbar.
Schon 1998 gab es eine Anhebung
Schon 1998 hatten Bundesverfassungsrichter die Vergütung für zu niedrig befunden. Als Konsequenz daraus wurden die Vergütung damals von 5 auf 9% des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller gesetzlich Rentenversicherten angehoben, was nunmehr als nicht mehr zeitgemäß eingestuft wurde.
Teils körperlich harte Arbeiten im Gefängnis
Wer in Deutschlands Gefängnissen zur Arbeit eingeteilt wird und diese nicht wahrnimmt, wird im Regelfall bestraft. So können z.B. als Sanktion Einkäufe von Lebensmitteln eingeschränkt werden oder Aufschlusszeiten kürzer ausfallen. Gefangene müssten teilweise körperlich hart für den Lohn von 1,37 bis 3 Euro in der Stunde arbeiten. Im Bereich der JVA Freiburg z.B. müssen Gefangene ganze Tage schwere Holzscheite stapeln, Baumstämme durchsägen oder auch Schreinerarbeiten nachgehen. Im Außenbetrieb Emmendingen müssen Gefangene z.B. auch Kartoffeln oder Zwiebeln setzen oder sortieren oder Brennholz verladen. Wer Glück hat, darf Verpackungsarbeiten durchführen oder Plastikteile im Akkord auseinanderbrechen.
Die Argumentation der Gefängnisse
Die Argumentation der Gefängnisdirektoren und Justizministerien für niedrige Löhne war bislang, dass Gefangene von der Arbeitsleistung niedriger einzustufen seien als freie Arbeitnehmer „draußen“. Dass dies mit einer deutlich zu niedrigen Vergütung zusammenhängt, ist den Justizministerien nunmehr vom Bundesverfassungsgericht vorgeführt worden.
Selbst das wenige Geld wird nicht ganz ausgezahlt
Selbst von dem wenigen Geld, was Gefangene dadurch verdienen (oft nur 100 bis 200 Euro im Monat), dürfen sie nicht alles behalten. Ein Teil davon behält das Gefängnis jeden Monat ein, um es dem Gefangenen im Anschluss an die Haft als eine Art Starthilfe auszuzahlen. Überdies stellen die Gefängnisse den Gefangenen auch Kosten für Strom (z.B. bei TV-Nutzung) oder Kühlschrank-Nutzung in Rechnung. Diese Entgelte werden ebenfalls vom Lohn einbehalten. Ebenso wie Gebühren für das Telefonieren nach draußen, welches häufig nur zu Wucher-ähnlichen Gebühren möglich ist. Flatrates für Knackis gibt es im Gefängnis meist nicht. Wer den Kontakt zur Außenwelt nicht aufrecht erhält, hat es nach der Haftentlassung oft schwer mit Resozialisierung und wird deshalb wieder straffällig.