Ein bewaffneter Mann hat am gestrigen Samstagabend gegen 20:00 Uhr mit einem Auto eine Absperrung durchbrochen und ist auf das Vorfeld des Airports gefahren. Dabei ging eine Schranke zu Bruch. Auf dem Rollfeld schoss er mit einer Waffe in die Luft und warf eine Art „Molotowcocktails“ aus dem Auto. Mit im Auto ist seine 4 Jahre alte Tochter, die er anscheinend nach einem Sorgerechtsstreit mit der Mutter mitnahm. Die Flughafenfeuerwehr konnte kleine Brände löschen und benetzte das Flugzeug, wo der Geiselnehmer hielt, vorsichtshalber mit Wasser.
Flughafen Hamburg gesperrt
Der Flughafen Hamburg wurde daraufhin zeitnah gesperrt und die Terminals geräumt, um Dritte nicht zu gefährden. Auch Passagiere, die bereits oder noch in Flugzeugen saßen, mussten diese Maschinen verlassen und wurden in einem nahen Hotel untergebracht. Die Räumung betrag über 3.000 Passagiere.
Auch am frühen Sonntagmorgen bleibt der Flughafen noch gesperrt und der Flugbetrieb b.a.w. eingestellt. Fluggäste sollten b.a.w. gar nicht erst zum Flughafen anreisen, das Gelände sei weiträumig abgesperrt. Auch die S-Bahn fährt die Station Hamburg-Flughafen nicht mehr an.
Mit dem Mann wird verhandelt
Die ganze Nacht hat die Hamburger Polizei mit dem Mann verhandelt und hat Kontakt zum Täter, – die Verhandlungen finden auf türkisch mit dem 35-Jährigen statt. Die Ehefrau des Mannes hatte sich wegen einer möglichen Kindesentziehung vorher bei der Polizei gemeldet. Die Mutter, die zuvor im Raum Stade war, sei mittlerweile in der Nähe des Flughafens.
Nach jetzigem Ermittlungsstand geht man davon aus, dass der Mann der Frau das Kind weggenommen hat und – womöglich auch mit Gewalt – das Kind vor der Fahrt aufs Rollfeld ins Auto gesetzt habe. Der Mann habe seinen Wagen unter einem Flugzeug der Turkish Airlines abgestellt. Zu dem Zeitpunkt, in dem er den von ihm benutzten Audi unter dem Flugzeug abgestellt hat, war das Flugzeug mit Passagieren besetzt. Zwischenzeitlich konnte es geräumt werden.
Der Mann will offensichtlich erpressen, dass er mit seiner Tochter – gegen den Willen der Mutter – in die Türkei fliegen darf.
286 Flüge in Gefahr
Für den heutigen Sonntag stehen 286 Flüge auf dem Programm des Flughafens, – eigentlich sollten über 30.000 Passagiere mit diesen Flügen befördert werden. Ob nun alle ausfallen oder der Mann im Laufe des Tages zum Aufgeben bewegt werden kann, steht noch nicht fest. Am gestrigen Samstag waren 21 Landungen und 6 Starts von der Sperrung betroffen.
Flughafen Hamburg informiert auf seiner Webseite
Auf der Webseite des Flughafens informiert der Airport über den aktuellen Stand. Per Stand 8:49 Uhr am Sonntagmorgen ist dort noch dieser Banner zu finden:
Mehrfach angekündigte Freilassung nicht umgesetzt
Im Laufe des Morgens habe der Mann in Verhandlungen mehrfach avisiert, das Mädchen freizulassen, es aber letztendlich nicht umgesetzt. Per Stand 12:20 Uhr am Sonntagmorgen ist das Kind immer noch in der Gewalt des Mannes. Die Polizei setzt weiterhin auf Verhandlungen und, dass der Mann wohl irgendwann von Müdigkeit übermannt wird.
Eltern leben getrennt
Die Eltern des entführten Mädchens leben getrennt, die Frau soll in Stade leben, der Mann in Buxtehude. Am Vorabend habe er das Mädchen – wohl auch unter Waffeneinsatz – von der Mutter des Kindes geholt und sei dann zum Flughafen gefahren. Mit einer in einem Sorgerechtsstreit ergangenen Entscheidung sei er wohl nicht einverstanden. Statt den Rechtsweg einzulegen, wollte er sein Recht mit Gewalt durchsetzen. Bei dem Vater des Kindes handelt es sich um einen türkischen Staatsbürger, der trotz mehrjährigen Aufenthalts in Deutschland kein ausreichendes Deutsch spricht, um mit den Polizeiverhandlern auf deutsch zu verhandeln.
Ob es sich bei der Waffe, die der Mann mitführt, um eine Schreckschusswaffe oder eine scharfe Waffe handelt, ist bislang nicht bekannt. Die Polizei geht allerdings bei ihren Maßnahmen davon aus, dass es sich um eine scharfe Waffe handelt.
Mutter habe Behörden durch Notruf gewarnt
Die Mutter habe in einem Notruf die Polizei davor gewarnt, dass der Mann mit der entführten Tochter zum Flughafen fahren wolle. Dennoch ist es dem Mann gelungen, auf das Rollfeld zu gelangen, indem er einfach gegen eine Plastikschranke gefahren sei, die eine Sollbruchstelle habe und dadurch die Durchfahrt ermöglicht habe. Bei einer Befragung am Sonntagmorgen habe die Mutter nicht mehr bestätigt, dass der Mann bereits bei der Abnahme des Kindes Waffengewalt eingesetzt habe.
Bereits in der Vergangenheit soll es bereits mehrfach zu Konflikten zwischen der Mutter und dem Vater des Kindes gekommen sein, die Polizei wurde mehrfach eingeschaltet und hatte Ermittlungen aufgenommen.
Audi ohne Kennzeichen
Bei der Durchfahrt durch die Schranke habe der Audi des Entführers kein Kfz-Kennzeichen getragen.
Passagiere im Radison Blue Hotel
Die meisten Passagiere, die ihre Reise nicht fortsetzen konnte, wurden im nahen Hotel Radisson Blu untergebracht. Vom Hotel gibt es einen direkten Zugang zu den Terminals.
Flüge teils nach Hannover umgeleitet
Ankommende Flüge, die am Sonntag eigentlich in Hamburg landen sollten, wurden teilweise zum Flughafen Hannover umgeleitet. Dort ankommende Flüge kann man hier ersehen.
Was über den Geiselnehmer bekannt ist:
Über den Geiselnehmer, den 35-jährigen Salman E. ist bislang bekannt:
- er lebt in Buxtehude in einem 12-stöckigen Hochhaus, Polizisten durchsuchten am Sonntagmittag seine Wohnung dort, – nachdem man sich über den Balkon Zugang verschafft hatte. Seit ca. einem halben Jahr wohnte er in der Wohnung in Buxtehude, die nun durchsucht wurde.
- Salman E. hat zuvor bei einer Hamburger Mietwagenfirma gearbeitet
- Seine letzte Beschäftigung war wohl ein Job als Postbote
- Der von ihm genutzte Audi, mit dem er zum Flughafen fuhr, ist ein Leihwagen
- Nachbarn beschreiben ihn als unauffällig
- Er gab in der Vergangenheit bereits öfters Anlass zur Einschaltung der Polizei, was Streitigkeiten mit seiner Ehefrau betraf
- Der Täter hatte im letzten Jahr schon einmal sein Kind entführt und war mehrere Monate mit dem Kind untergetaucht. Der Mutter ist es damals gelungen, das Kind wieder aus der Türkei zu holen.
Update 5.11.2023 – 14:49 Uhr: Täter festgenommen
Am Sonntagnachmittag ist die Geiselnahme beendet. Der 35-jährige türkische Postbote, der seit gestern abend den Flughafen Hamburg komplett lahmgelegt hatte, habe das Auto mit seiner vierjährigen Tochter verlassen und sich widerstandslos festnehmen lassen. Das Kind scheint körperlich unverletzt zu sein.