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An der Identität gibt es keinen Zweifel: Ein leitender Polizeibeamter (Kriminaloberrat) hat sich zweimal nackt gemacht, bzw. an seinem Geschlechtsteil manipuliert in Geschäften rund um Freiburg, wenn man den Videoaufnahmen und den Aussagen eines Ladendetektivs Glauben schenken darf:

  • Im September 2023 in einem TEDI-Laden in Ettenheim (Ortenaukreis). Dort wurde er auch auf Video aufgenommen
  • im Jahr 2000 im Freiburger Bauhaus, wo er sich zwei Kundinnen von hinten näherte und an seinem Penis manipulierte. Ein Ladendetektiv wurde darauf aufmerksam und informierte ohnehin im Baumarkt anwesende weitere Polizisten, die eigentlich wegen eines Ladendiebs anwesend waren.

Die zuständige Staatsanwaltschaft Freiburg stellte die Ermittlungen in einem Strafverfahren jedoch ein. Begründung: Dritte hätten das nicht gesehen, sich exhibitionistisch gegenüber einer Videokamera zu verhalten sei keine Straftat.

Der Polizist sei wegen einer Ordnungswidrigkeit mit 750 Euro belangt worden. Der Vorwurf, dass ein Kind gesehen habe, wie er im Supermarkt die Hosen heruntergelassen und anschließend masturbiert habe, konnte die Staatsanwaltschaft nicht gerichtsfest beweisen. Die Baumarkt-Kundinnen hätten von dem Vorfall ebenfalls nichts mitbekommen, da der Polizist sich von hinten genähert habe.

Exhibitionismus im deutschen Strafrecht

Einführung

Exhibitionismus, das zur Schau Stellen der eigenen Genitalien in der Öffentlichkeit, stellt eine spezielle Form der sexuellen Abweichung dar. In Deutschland ist Exhibitionismus strafrechtlich relevant und wird im Strafgesetzbuch (StGB) unter § 183 behandelt. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Aspekte des Exhibitionismus im deutschen Strafrecht, untersucht historische Entwicklungen und aktuelle juristische Diskussionen und analysiert die gesellschaftliche Bedeutung und psychologische Hintergründe dieses Verhaltens.

Historische Entwicklung

Das Phänomen des Exhibitionismus ist keineswegs neu und lässt sich historisch weit zurückverfolgen. Schon in antiken Kulturen gab es Hinweise auf ähnliche Verhaltensweisen, wenngleich die gesellschaftlichen und rechtlichen Reaktionen darauf variieren. In Deutschland wurde Exhibitionismus im 19. Jahrhundert erstmals umfassend strafrechtlich erfasst. Der historische Kontext zeigt, dass Exhibitionismus nicht nur als moralisches Fehlverhalten, sondern als ernsthaftes soziales Problem betrachtet wurde.

Mit der Verabschiedung des Reichsstrafgesetzbuches im Jahr 1871 wurde der Exhibitionismus in Deutschland erstmals explizit strafrechtlich verfolgt. Der damalige § 183 StGB stellte exhibitionistische Handlungen unter Strafe und war in seiner ursprünglichen Form weitaus strenger gefasst als die heutige Regelung. Im Laufe der Jahre erfuhr der Paragraph jedoch mehrere Änderungen, um den gesellschaftlichen Entwicklungen und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen.

Der gesetzliche Rahmen

Der aktuelle § 183 StGB lautet:

„Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Eine Frau kann nur bestraft werden, wenn sie eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt und dabei gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren handelt.“

Hieraus ergeben sich mehrere zentrale Elemente, die für die strafrechtliche Bewertung von Exhibitionismus von Bedeutung sind:

Täter und Opfer

Interessanterweise differenziert das Gesetz zwischen männlichen und weiblichen Tätern. Während Männer unabhängig vom Alter des Opfers strafrechtlich belangt werden können, ist bei Frauen eine Strafbarkeit nur gegeben, wenn das Opfer unter 16 Jahre alt ist. Diese Unterscheidung hat in der juristischen Diskussion wiederholt für Kontroversen gesorgt, da sie einerseits als diskriminierend betrachtet wird, andererseits aber auch die unterschiedliche gesellschaftliche Wahrnehmung von exhibitionistischem Verhalten bei Männern und Frauen widerspiegelt.

Die exhibitionistische Handlung

Eine exhibitionistische Handlung im Sinne des § 183 StGB liegt vor, wenn der Täter oder die Täterin gezielt seine oder ihre Genitalien in der Öffentlichkeit oder vor einer anderen Person entblößt. Diese Handlung muss mit der Absicht erfolgen, sexuelle Erregung zu erlangen oder eine andere Person zu belästigen. Dabei ist nicht notwendig, dass das Opfer tatsächlich belästigt wird; die Absicht des Täters reicht aus.

Belästigung

Für eine strafbare exhibitionistische Handlung muss das Verhalten des Täters als Belästigung empfunden werden. Dies bedeutet, dass das Opfer durch das Verhalten des Täters erheblich in seiner psychischen Integrität beeinträchtigt wird. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Empfindung des Opfers an, sondern auf eine objektive Bewertung der Situation.

Juristische Diskussionen und Herausforderungen

Geschlechtsunterschiede in der Strafbarkeit

Die geschlechtsspezifische Unterscheidung im § 183 StGB wird in der Rechtswissenschaft kontrovers diskutiert. Kritiker argumentieren, dass diese Differenzierung gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes verstoße und Frauen ungleich behandle. Befürworter hingegen betonen, dass exhibitionistisches Verhalten bei Frauen gesellschaftlich weniger relevant und weniger belästigend wahrgenommen werde. Diese Diskussion spiegelt die unterschiedlichen gesellschaftlichen und kulturellen Wahrnehmungen von Sexualität und Geschlecht wider.

Der Begriff der Belästigung

Ein weiterer Diskussionspunkt betrifft die Definition der Belästigung. Da das Gesetz keine klare Grenze zieht, was als Belästigung gilt, unterliegt die Bewertung häufig der subjektiven Einschätzung der Gerichte. Dies führt zu einer uneinheitlichen Rechtsprechung und kann für die Betroffenen zu Unsicherheiten führen.

Psychologische und therapeutische Aspekte

Exhibitionismus ist oft Ausdruck tieferliegender psychologischer Probleme. Täter leiden häufig unter Persönlichkeitsstörungen oder anderen psychischen Erkrankungen. Daher wird in der juristischen Praxis vermehrt diskutiert, ob und inwieweit therapeutische Maßnahmen als Alternative oder Ergänzung zur strafrechtlichen Verfolgung sinnvoll sind. Einige Experten plädieren für eine verstärkte Einbeziehung von Therapieprogrammen, um Rückfälle zu verhindern und den Tätern langfristig zu helfen.

Gesellschaftliche Bedeutung und Auswirkungen

Wahrnehmung in der Öffentlichkeit

Die gesellschaftliche Wahrnehmung von Exhibitionismus ist zwiespältig. Während manche Menschen solche Handlungen als harmlos oder gar lächerlich abtun, fühlen sich andere stark belästigt und verängstigt. Diese unterschiedlichen Reaktionen zeigen, wie subjektiv das Empfinden von sexueller Belästigung sein kann. Für die Opfer kann eine exhibitionistische Handlung traumatisierende Auswirkungen haben, insbesondere wenn sie unerwartet und in einer als sicher empfundenen Umgebung geschieht.

Prävention und Aufklärung

Ein wesentlicher Aspekt im Umgang mit Exhibitionismus ist die Prävention. Dies umfasst sowohl die Aufklärung der Öffentlichkeit über die strafrechtlichen Konsequenzen exhibitionistischen Verhaltens als auch die Bereitstellung von Hilfsangeboten für potenzielle Täter. Frühzeitige psychologische Betreuung und Therapieangebote können dazu beitragen, dass betroffene Personen gar nicht erst straffällig werden.

Medien und öffentliche Meinung

Medienberichte über exhibitionistische Vorfälle tragen maßgeblich zur öffentlichen Meinung bei. In einigen Fällen wird über solche Vorfälle sensationslüstern berichtet, was die Stigmatisierung der Täter verstärken kann. Eine differenzierte Berichterstattung, die auch die psychologischen Hintergründe beleuchtet, könnte hingegen dazu beitragen, das Verständnis für die Problematik zu erhöhen und gleichzeitig das Bewusstsein für die Rechte und den Schutz der Opfer zu schärfen.

Schlussfolgerung

Exhibitionismus stellt im deutschen Strafrecht eine besondere Herausforderung dar, da er sowohl strafrechtliche als auch psychologische Aspekte berührt. Die bestehende gesetzliche Regelung in § 183 StGB versucht, einen Ausgleich zwischen dem Schutz der Gesellschaft und der individuellen Behandlung der Täter zu finden. Dennoch gibt es in der Rechtswissenschaft und der Gesellschaft Diskussionen über die Angemessenheit und Effektivität der bestehenden Regelungen.

Die strafrechtliche Verfolgung von Exhibitionismus ist wichtig, um die öffentliche Ordnung und das individuelle Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zu schützen. Gleichzeitig sollten präventive und therapeutische Maßnahmen nicht vernachlässigt werden, um die Ursachen dieses Verhaltens anzugehen und Wiederholungen zu verhindern.

Letztlich ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, mit dem Phänomen Exhibitionismus angemessen umzugehen. Dies erfordert ein Zusammenspiel von Strafrecht, Psychologie und öffentlicher Aufklärung. Nur so kann gewährleistet werden, dass sowohl die Rechte der Opfer als auch die Bedürfnisse der Täter angemessen berücksichtigt werden.

Symbolbild: cc0 pixabay

Von BSF

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