Der Bevölkerung sind so manche Urteile in Deutschland nur schwer zu vermitteln: So wurde jüngst in Wiesbaden das Urteil gegen zwei Cum-Ex-Banker gesprochen, denen man vorgeworfen hatte, mit komplexen Dividendengeschäften im Volumen von 15 Milliarden Euro einen Steuerschaden von 113 Millionen Euro verursacht zu haben. Das Landgericht Wiesbaden hat die beiden Banker der Hypovereinsbank tatsächlich schuldig gesprochen. Erstaunt hat allerdings das milde Strafmaß: Einer erhielt zwei Jahre auf Bewährung, der andere 14 Monate. Beide müssen daher nicht in das Gefängnis. Mit milden 60.000, bzw. 20.000 Euro, die an die Staatskasse zu zahlen sind, kamen die Ex-Banker, die für Millionenschaden sorgten, sehr glimpflich davon.
BGH hat eindeutige Sicht
Die erstaunt um so mehr, wenn man bedenkt, dass es zwei BGH-Entscheidungen gibt: Zum einen hat der BGH vor einiger Zeit geurteilt, dass bei Steuerhinterziehung im Volumen von mehr als 1 Million Euro eine Strafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt kann und zum anderen hat der BGH erst im letzten Jahr klar gestellt, dass die Vornahme von Cum-Ex-Geschäften explizit als Steuerhinterziehung zu werten sind. Bei Cum-Ex-Geschäften wird mit Aktien um den Zeitraum der Dividendenzahlung so hin- und her gehandelt, dass dem Staat ein Steuerschaden entsteht.
Wundersame Urteilswelt in Deutschland
Richter sind im Rahmen bestimmter Strafzumessungsbestimmungen frei in ihrer Entscheidung und Beweiswürdigung. Staatsanwälte können sogar die Aufnahme von ernsthaften Ermittlungen ablehnen, wenn sie einen Anfangsverdacht nicht für gegeben halten. Dies führt immer wieder zu erstaunlichen Urteilen:
Während die Banker, die einen Steuerschaden von 113 Millionen Euro verursacht haben, nicht ins Gefängnis gehen, wird ein Münchner Koch, der etwas über 2 Millionen Euro verkürzt, für 3 Jahre ins Gefängnis geschickt. (Fall Schuhbeck)
Im Bereich der Erzdiözese Freiburg wurden Steuern und Sozialabgaben im zweistelligen Millionenbereich zunächst nicht gezahlt. Obwohl ein gut ausgebildeter Ökonom bei der Erzdiözese dafür die Verantwortung hatte, hat die Staatsanwaltschaft erst gar keine Anklage bei Gericht eingereicht, weil man „nicht erkennen könne, dass dies mit Absicht geschehen sei….“.
Ein Freiburger Geschäftsführer einer Firma, die Insolvenz im Bereich von 1 Million Euro anmelden musste, erhielt dafür eine Strafe von 3 Jahren Gefängnis.
Das Landgericht Göttingen verurteilte einen Betreiber eines China-Restaurants, der ca. 500.000 Euro Steuerschaden verursacht hatte, indem er seine Kasse manipulierte, zu 33 Monaten Haft.
Insoweit erstaunen Bewährungsstrafen des Wiesbadener Gerichts bei einem dreistelligen Millionenschaden.